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Kirchen ungenutzt - umgenutzt?

Das Potenzial profanierter Sakralarchitektur am Beispiel der Amberger Spitalkirche

Ungenutzt oder umgenutzt? Diese Frage stellt sich zunehmend bei Kirchengebäuden in Europa, die auf Grund eines starken Rückgangs der Kirchenmitgliederzahlen weniger oder gar nicht mehr genutzt werden können. 1950 gehörten ungefähr 96 Prozent der deutschen Bevölkerung einer Kirche an, 2015 waren es nur noch 56 Prozent. Die Verkleinerung oder Schließung vieler Gemeinden hat zur Folge, dass die Instandhaltung der Sakralbauten nicht mehr finanziert werden kann. Verfall oder Leerstand führen oft zur Entscheidung die nicht mehr genutzten Kirchen abzureißen. Die Kirchenumnutzung ist eine Möglichkeit das Potenzial leerstehender Sakralarchitektur zu nutzen und durch Neuorientierung und Umgestaltung wieder zum ursprünglichen Nutzen des Gebäudes zurückzufinden: Raum geben. In dieser Masterarbeit wird auf einige Beispiele der Kirchenumnutzung eingegangen und dabei sowohl die Geschichte der Sakralarchitektur sowie ihre besondere Atmosphäre thematisiert. Der abschließende Entwurf einer Kirchenumnutzung und -erweiterung in Amberg soll ein Beispiel sein, wie durch das Potential profanierter Sakralarchitektur eine Kirche wieder Raum geben kann.

Die kleine, gotische Spitalkirche liegt zentral gelegen in der Bahnhofsstraße zwischen dem Hauptbahnhof und dem Marktplatz Ambergs. Seit 2011 steht die denkmalgeschützte Kirche leer und wurde 2016 profaniert. Ziel der Entwurfsplanung war es, der Kirche zwar einen neuen, zeitgemäßen und sinnvollen Nutzen zu geben, dabei aber die ursprüngliche Struktur und Atmosphäre des gotischen Gebäudes so wenig wie möglich zu verändern. Die neue Funktion soll von der ursprünglichen wenig abweichen, jedoch durch erweiterte Flächen und flexiblen Nutzungsmöglichkeiten in einem neuen Nebenbau ergänzt werden. Es entsteht ein neues Zentrum für Tourismus und Gemeinschaft.

Im Erdgeschoss lädt neben einem neuen Touristenbüro ein Café Besucher ein, um noch vor dem Trubel der Innenstadt zur Ruhe zu kommen. Der ehemalige Kirchensaal und die Obergeschosse verfügen über große Räume, die flexibel als Veranstaltungs-, Seminar- und Ausstellungsflächen genutzt werden können. Die Fassade des neuen Anbaus besteht aus einem rustikal anmutenden Streckmetallgitter aus Cortenstahl. Dieses Material steht als moderner Kontrast zu der klassischen Putzfassade der gotischen Kirche und soll zudem an die Geschichte der Stadt Amberg erinnern, welche im Mittelalter ein wichtiger Handelsplatz für Eisen war.

Mia Lindner

Mentor: Prof. Markus Schlempp
Masterstudiengang Design, Fokus Heritage Design, Masterthesis